Geschichte

Chroniken der Zeitzeugin - Einblicke in die Zeit der Hitlerjugend und des 2. WKs

Am Donnerstag, den 01.06.2023, hatten wir das außergewöhnliche Privileg Irma Fritz aus Grießheim bei uns in der Schule begrüßen zu dürfen. Die Klasse versammelte sich in unserem Klassenraum, um aus erster Hand von Frau Fritz zu erfahren, wie ihr Leben in Nazi-Deutschland aussah.

Die Motivation, diesen besonderen Zeitzeugenbesuch zu organisieren, lag darin, dass wir als eine der letzten Generationen die Gelegenheit haben, direkt von Menschen zu lernen, die diese Phase der Geschichte selbst erlebt haben. Unsere Lehrerin war sehr darum bemüht, uns diese Erfahrung zu ermöglichen und uns die Bedeutung von Toleranz, Erinnerungskultur und kritischer Wachsamkeit in unserer heutigen Zeit zu verdeutlichen.

Dann war es soweit. Frau Fritz nahm vorne an der Tafel Platz und begann mit ihrem bewegenden Bericht über ihre Kindheit und Jugend in den 1940er Jahren. Während sie uns ihre Geschichte erzählte, wurden alte Bilder und Zeitungsartikel auf einem Beamer rechts von ihr präsentiert, um uns einen visuellen Eindruck von jener Zeit zu vermitteln. Im Mittelpunkt von Frau Fritz' Erzählungen stand natürlich die Hitlerjugend und ihr Leben während des Kriegs. Sie berichtete von den strengen Regeln, nach denen sie gelebt hat, von den Evakuierungen und Reisen, die sie unternahm, und den schwierigen Momenten, die sie durchlebte.

Sie begann von ihren jüdischen Nachbarn zu erzählen, die sich weinend von ihrer Familie verabschiedet haben und in den Westen flüchten mussten. Ein Schreiben gab Frau Fritz‘ Familie die erleichterte Nachricht, dass die Reise gelungen war und dies die letzte Postkarte sei, da sie befürchteten verfolgt zu werden. Währenddessen musste Frau Fritz den „Bund der Deutschen Mädel“ (BDM) besuchen und durfte kein Tag unentschuldigt fehlen. Ihre Eltern hielten nicht viel von Hitler und der NSDAP, allerdings erzählte uns Frau Fritz, dass es wichtig war, dass die Familie nicht in Gefahr gebracht wurde und so konnten die Erwachsenen nur in engen Kreisen sich gegen die Diktatur aussprechen.

Besonders faszinierend war ihre Schilderung der Schulzeit, in der es Lehrkräfte gab, die sich gegen das ideologische System sträubten, während andere die Ideologie vehement unterstützten. Zudem erfuhren wir, dass die Kinder damals einheitliche Uniformen tragen mussten und in ihrer Erziehung streng nach Geschlechtern getrennt wurden. Frau Fritz wurde im Rahmen des BDM stets gesagt, dass sie auf ihr Aussehen achten müsse und ein ordentliches als auch weibliches Bild abgeben sollte.

Auch nach der Evakuierung von 1943 und 1944 (aufgrund der Bombenangriffe und der Zerstörung des Elternhauses) musste Frau Fritz in den Landdienst gehen. Sie und viele andere Jugendliche wurden in Reichelsheim (im südhessischen Odenwaldkreis) untergebracht und haben ihre Eltern nur noch einmal im Jahr sehen dürfen. Zu ihren Aufgabenbereichen gehörte das Pflanzen und Ernten. Dieser Aufgabe ging sie eifrig nach, bis die Alliierten den Odenwald einnahmen. Eines der Mädchen befürchtete das Schlimmste und rannte von den amerikanischen Soldaten davon, bis sie durch einen Schuss ihren Tod fand. Frau Fritz betonte, wie verwirrend und angsteinflößend dies war. Sie wollte nur wieder zurück zu ihrer Familie. Das Ausmaß der Zerstörung in den Städten betraf auch ihre Eltern, welche dank der Bunker überleben konnten.

Obwohl Frau Fritz erst sechzehn war, wurde sie nach dem Krieg für ihre Teilnahme an der HJ (bzw. BDM) polizeilich festgenommen und konnte nur durch die Aussage und das Bemühen ihres Vaters (Persilschein) wieder freigelassen werden. Dank der Verwandtschaft in Amerika und Frankreich konnte die Familie „Care-Pakete“ erhalten und nach dem Krieg über die Runden kommen. Frau Fritz lebte mit ihrer Familie in Notunterkünften, bis sich die Gesellschaft nach und nach wieder aufbauen konnte.

Der Besuch von Frau Fritz hat uns alle tief berührt und zum Nachdenken angeregt. Es war beeindruckend, aus erster Hand zu erfahren, wie das Leben während der Hitlerjugend war und welche Auswirkungen die Ideologie auf das tägliche Leben hatte. Auch die Nachwirkungen des 2. Weltkriegs auf die „kleinen Bürger“ wurde und detailreich und genau geschildert. Wir konnten uns ein Bild von den Herausforderungen machen, mit denen Irma Fritz konfrontiert war, und haben einen Einblick in eine Zeit unserer Geschichte erhalten, die wir nie vergessen sollten.

Das Fazit nach diesem besonderen Ereignis ist eindeutig: Es war eine außergewöhnliche und wertvolle Nutzung unserer Schulstunde. Der persönliche Austausch mit einer Zeitzeugin hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, Geschichte nicht nur aus Büchern zu lernen, sondern auch aus den Erzählungen der Menschen, die sie selbst erlebt haben. Wir sind dankbar dafür, dass wir diese Möglichkeit hatten und werden die Erinnerungen von Irma Fritz in unseren Gedanken bewahren. Der Besuch von Frau Fritz wird sicherlich noch lange in unserer Erinnerung bleiben und uns dazu anregen, uns weiterhin mit der Geschichte auseinanderzusetzen, um eine bessere Zukunft zu gestalten.

Verfasst von der 10R3: Verfasst von Denis Fust (ergänzt von Alessia Cravotta, Oussial Al Yaznasni, Lea-Sophie Kilb, Aisha Rahimi, Muhammed Arac, Iqra Awan & Nicholas Michael)

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